Was ist Vipassana Meditation? Ist das nicht etwas aus dem Buddhismus?
Ja, Vipassana Meditation ist eine uralte buddhistische Meditationstechnik, die sehr gut konfessionsübergreifend oder konfessionsunabhängig eingesetzt und geübt werden kann. Vipassana wird etwas ungenau mit "Achtsamkeit" übersetzt. Gemeint ist, dass es sich um eine sehr wirksame Methode zur Stärkung der Konzentrationsfähigkeit und Wahrnehmung handelt und bei regelmäßigem Üben zu tiefer Entspannung und Erholung führen kann.
Und da haben wir das Stichwort: ÜBUNG. Übung macht den Meister. Das gilt ja fast für alles und ganz besonders für Entspannungs- und Meditationstechniken, so auch für Vipassana.
Zum Auffrischen und Dazulernen war ich vor zwei Wochen im Drachenzentrum in Meißen zu einem Vipassana Retreat bei Master Han Shan. (Vielleicht kennt Ihr seine Geschichte? Es ist ein deutscher Millionär, der sein Vermögen verschenkt hat und 10 Jahre lang als buddhistischer Mönch in Thailand lebte? Sein Buch ist zurzeit ein Bestseller: "Wer loslässt hat zwei Hände frei"
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Frisch motiviert kam ich zurück nach Braunschweig mit dem festen Vorsatz, von nun an täglich zu üben. "20 Minuten, das wird ja wohl drin sein", meinte ich. Na, schon am vierten Tag kam irgendwas dazwischen, am fünften auch... so ist das mit den guten Vorsätzen... und am sechsten Tag hatte ich einen Zahnarzttermin. Mein Zahnarzt ist ein sehr einfühlsamer und vorsichtiger Mann. Er verteilt eher großzügig als sparsam Betäubungsspritzen, sodass man Stunden nach der Behandlung noch immer etwas schiefgesichtig durchs Leben geht und weder an Essen noch an eine klare Aussprache zu denken ist. Dieses Mal meinte er überraschenderweise: "Da ist eine kleine Stelle unter einer Krone, das ist nur oberflächlich, da brauche ich nicht betäuben. Wenn Sie doch etwas merken, dann kann ich Ihnen immer noch eine Spritze geben". Ich hatte vollstes Vertrauen und dachte: "Toll, die Zeit auf dem Zahnarztstuhl kann ich gut zum Vipassana-Üben nutzen, da bin ich dann prima abgelenkt". Es tat dann doch etwas weh, aber es war auszuhalten und ich war sehr emsig damit beschäftigt, beim Einatmen die Berührung meines Zwerchfells an meiner Bauchdecke von Innen zu spüren...:-).
Nach einer Weile hörte ich die Stimme meines Zahnarztes: "Frau Hoge-Hartmann, ich fürchte, der Nerv dieses Zahnes ist bereits tot: Ich musste sehr viel tiefer bohren als geplant, ich war schon am Nerv und Sie haben nicht mal gezuckt!"
Ich hatte schon etwas gespürt und fand, dass mein Nerv durchaus noch sehr lebendig war. Auch die zur Sicherheit erfolgte Vitalitätsprüfung ergab nichts Gegenteiliges...
und dennoch, die Behandlung hatte ich ohne Betäubung prima bewältigt.. und glaubt mir: ich bin KEIN Indianer!
Wir alle waren ganz schön überrascht. Ein tolles Erlebnis, was war hier geschehen?
Genau weiß ich es nicht, aber ich kann mir Folgendes vorstellen:
Zunächst hatte ich vollstes Vertrauen in meinen Zahnarzt und keinen Zweifel daran, dass die Behandlung schmerzfrei verlaufen würde. Das ist aus meiner Sicht die Voraussetzung dafür, dass ich gut loslassen und mich aufs Vipassana-Üben konzentrieren konnte. Während der Übung hatte ich die Schmerzen zwar wahrgenommen, aber meine ganze Aufmerksamkeit war auf das Erleben der Übung gerichtet und so konnte ich die Schmerzen sehr gut tolerieren. Das ist verblüffend, denn ich bin noch gaaaanz am Anfang mit meiner Vipassana-Meditationspraxis.
Was es mir zeigt: Wenn es uns gelingt, unsere Aufmerksamkeit zu fokussieren, dann eröffnen sich neue Wege der Wahrnehmung und Konzentration. Wohin es uns führen kann, kann ich nur erahnen, aber ich glaube, es lohnt sich!!
Und wie gesagt: Ausprobieren, Erfahren, Üben, denn: Übung macht den Meister! :-)